Die Digitalisierung bietet bei der Optimierung von Abläufen im produzierenden Gewerbe große Chancen! Zeitenvogel sprach mit Dr. Jens Hambach, Mitgründer der SFM Systems, über Shopfloor Management, Lean Production und die Herausforderungen der Digitalisierung.
Dr. Jens Hambach war von 2013 – 2018 am Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen im Fachbereich Maschinenbau an der TU Darmstadt. Gemeinsam mit seinem Kollegen und Mitgründer Dr. Christian Hertle arbeitete er während des Studiums bei Lufthansa Technik, wo er die Methode des Shopfloor Managements kennenlernte.
Am Institut der TU Darmstadt beschäftigten sie sich zunächst generell mit den „Methoden Lean Production“ und „Kontinuierlicher Verbesserungsprozess“, aber auch weiterhin mit Shopfloor Management. Ab 2014 trat dann die Thematik Industrie 4.0 in den Vordergrund. Die Überlegung, wie sich die Ansätze der Lean Production in diesem Zusammenhang weiterentwickeln lassen würden, brachte sie zum digitalen Shopfloor Management System, worin sie das Thema ihres Start-ups fanden.
Dr. Jens Hambach beschreibt Shopfloor Management als eine Methode der Schlanken Produktion (Lean Production). Ziel ist es, das Unternehmen direkt am Ort der Wertschöpfung zu führen. Dieser Teil der Wertschöpfung ist in den meisten Industrieunternehmen der produzierende Bereich, wo Rohmaterial in fertige Produkte umgewandelt wird.
Nach wie vor sind viele Führungskräfte in der Produktion nicht vor Ort, sondern steuern das Geschehen blind im Vertrauen auf Produktionszahlen. Das Shopfloor Management bietet hier eine Methode, mit der Führungskräfte zum einen in der Produktion führen; zum anderen aber auch die Teams vor Ort in die Verantwortung nehmen können. Dadurch gelingt es, dass anhand von Kennzahlen festgestellte Abweichungen und Probleme direkt vor Ort bearbeitet werden – ohne lange Wege über das Management gehen zu müssen.
Ein weiterer wichtiger Gedanke beim Thema Shopfloor Management ist die Kaskadierung der Kennzahlen:
Die Kennzahlen der verschiedenen Ebenen, von der Produktion bis zum Werksleiter bilden eine Shopfloor Kaskade (oder auch Kennzahlen Kaskade).
Jedoch wird in Shopfloor Meetings meist nur über jene Kennzahlen gesprochen, die die eigene Ebene betreffen. Die Kennzahlen-Kaskade selbst wird über Aggregation von Daten aus dem Shopfloor Ebene für Ebene nach oben gebildet. Dabei werden aus den Prozess- und Maschinen-Daten Kennzahlen berechnet und dann aggregiert – das heißt zusammengerechnet. Meist erfolgt das durch eine Addition oder Mittelwertbildung der Kennzahlen aus der Ebene darunter. In einigen Fällen bedarf es jedoch komplexerer Berechnungen oder gar Logiken. Dafür erhält man ein durchgängiges Kennzahlensystem, das dem Management auf einen Blick den Zustand der Bereiche widerspiegelt.
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Eine Methode tatsächlich leben
Aber was genau sollte ein gutes Shopfloor Management nun auszeichnen?
Entscheidend ist, dass ein gutes Shopfloor Management tatsächlich gelebt wird – so Dr. Jens Hambach. Dies bedeutet zunächst, dass man sich regelmäßig trifft, um einen aktiven und direkten Informationsaustausch zu ermöglichen (Shopfloor Kommunikation). Die vorhin erwähnte Kaskadierung der Kennzahlen hat nämlich auch eine zeitliche Dimension: So trifft sich beispielsweise morgens die Frühschicht; anschließend alle Teamleiter mit der Bereichsleitung und diese danach mit der Werksleitung. Dies kaskadiert sich hoch bis zur Geschäftsführung.
Probleme, die im Shopfloor auftreten, versucht ein Team erst innerhalb der Shopfloor-Runde, also der eigenen Ebene, zu lösen. Gelingt dies nicht und muss ein Ansprechpartner der höheren Ebene miteinbezogen werden, ist schnelles Handeln gefragt. Ein gut organisiertes Shopfloor Management sieht hier kurze und direkte Kommunikationswege vor und sorgt somit für eine zügige und tatsächliche Bearbeitung.
Transparenz und dokumentierte Problemlösungen
SFM Systems GmbH hat eine Möglichkeit gefunden, ein Shopfloor Management System digital abzubilden. Die wichtigsten Merkmale dieser Lösung lassen sich vor allem in vier Punkte übersichtlich gliedern:
- Erstens gibt es Unternehmen, in denen das Shopfloor Management bereits recht gut funktioniert, es allerdings an den jeweiligen Schnittstellen durch beispielsweise Informationsverlust zu Effizienzeinbußen kommt. Unser Digital Teamboard kann alle Daten, die bereits zur Verfügung stehen, aufgreifen, automatisieren und für die verschiedenen Hierarchieebenen visualisieren. Damit lässt dich mit wenig Aufwand eine durchgängige Kennzahlen Kaskade abbilden.
- Die Herstellung von Transparenz ist allerdings nur Mittel zum Zweck. Ein Shopfloor Management System muss es auch ermöglichen, konkrete Maßnahmen abzuleiten, aufzunehmen, einzusteuern und umzusetzen. Diese Maßnahmen müssen häufig auf eine andere Ebene oder an ein anderes Team delegiert und die Ausführung der Aufgaben kontrolliert werden. Das Digital Teamboard bildet diese Prozesse sehr transparent ab, so dass der aktuelle Bearbeitungsstand und Themen jederzeit einsehbar sind.
- Ein dritter Punkt betrifft die Dokumentation und Durchführung der systematischen Problemlösung. Mitunter existieren in einem Unternehmen zwar elaborierte Formblätter, die aber in der Praxis aufgrund ihrer Komplexität zu wenig benutzt werden. Mit dem Digital Teamboard steht eine Assistenz zur Verfügung, die durch die jeweilige Problemlösung systematisch führt. Diese Assistenz ist auch individualisierbar, sodass man auf den verschiedenen Hierarchieebenen unterschiedlich komplexe Problemlösungsprozesse einrichten kann. Alle Informationen werden auf einer Plattform in einem System gesammelt: Kennzahlen, Probleme und Maßnahmen.
- Um verschiedene Datenquellen eines Unternehmens zu integrieren, wird eine IoT-Plattform verwendet (Sphinx Open Online). Diese Datenquellen reichen von einer einfachen Excel-Tabellen über die Anbindung einer Maschine via OPC-UA (Open Plattform Communications Unified Architecture), bis hin zur Datenbank eines MES (Manufacturing Execution System). Auch auf Daten unterschiedlicher SAP-Module können wir zugreifen.
Vorteile der Digitalisierung des Shopfloors
An exponierter Stelle steht bei der Digitalisierung des Shopfloores der Gewinn an Transparenz und Geschwindigkeit:
Leider gibt es (bisweilen) oft Probleme in der Produktion. Auf diese muss sehr schnell reagiert werden, indem Abweichung erkannt, Maßnahmen getroffen und Mitarbeiter beauftragt werden, die über die entsprechenden Ressourcen verfügen. Das erhöht gleichzeitig auch die Qualität, da so Probleme systematisch und nachhaltig gelöst werden.
Die Digitalisierung des Shopfloores bietet hier ein riesen Potenzial, das Maximum an Wirtschaftlichkeit herauszuholen.
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